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Der Geburtstag der Kirche – Weihbischof Thomas Maria Renz über die Bedeutung von PfingstenRottenburg - 15.05.2016"Erst nach der Geistausgießung an Pfingsten kann die Kirche sein, wozu sie der Auferstandene berufen hat, nämlich missionarische Kirche", so der Rottenburger Weihbischof Thomas Maria Renz. Deshalb gratuliert er der Kirche in seinem Gastbeitrag für katholisch.de zu ihrer Geburtsstunde an Pfingsten:

Manche Theologen der frühen Kirche verlegen die Geburtsstunde der Kirche auf den Karfreitag: Die entstehende Kirche, die in Maria und Johannes als Nukleus unter dem Kreuz steht, empfängt ihr Leben aus dem Wasser und dem Blut des Gekreuzigten, das aus seiner Seitenwunde auf sie herabfließt (Joh 19,25-34). Sie erkennen in ihnen die Taufe und Eucharistie als die beiden Grundsakramente der Kirche. Und an Ostern kommt dann nach der Schockstarre des Karfreitags neue Bewegung in die Jünger. Trotzdem fehlt der Kirche auch nach der Auferstehung ihres Herrn noch etwas ganz Entscheidendes. Denn zwischen dem Missionsauftrag Jesu, die Frohe Botschaft in die ganze Welt zu tragen (Mk 16,15), und dem ängstlichen Rückzug der Jünger hinter verschlossene Türen (Joh 20,19), liegen Welten.

Was der Kirche an Ostern noch fehlt, empfängt sie an Pfingsten: den Geist Gottes als Lebendigmacher ("vivicantem"), als innere Dynamik und äußere Power für ein kraftvolles Leben im Dienste der Verkündigung. So wie der aus dem Ackerboden geformte, leblose Adam erst durch den ihm eingehauchten Lebensodem Gottes zum belebten Menschen wird (Gen 2,7), so braucht die leblose Kirche des Anfangs erst noch die Lebenskraft Gottes, die ihr durch die Geistausgießung an Pfingsten geschenkt wird.

Die Kirche braucht die Antriebskraft den Heiligen Geist

So gesehen ist nicht Karfreitag und Ostern, sondern Pfingsten die eigentliche Geburtsstunde der Kirche. Erst nach der Geistausgießung an Pfingsten kann die Kirche sein, wozu sie der Auferstandene berufen hat, nämlich missionarische Kirche. Für ihr weltweites missionarisches Wirken braucht sie als Antriebskraft den Heiligen Geist. Ohne Heiligen Geist wäre die Kirche wie ein Auto ohne Motor, wie ein Tag ohne Sonne, wie ein Vogel ohne Flügel, wie eine Blume ohne Blüten, wie ein Leib ohne Seele.

Brennende Herzen, wache Sinne, helfende Hände

Die Schrift "De Spititu Sancto" ist ein wichtiges Zeugnis der frühchristlichen Auseinandersetzung mit den sogenannten Pneumatomachen, also mit denen, die die volle Gottheit des Heiligen Geistes leugneten. Ihnen gegenüber betont Didymus die Wesensgleichheit in der göttlichen Dreifaltigkeit, also die Einheit in der Dreiheit, und zwar nicht nur nach außen (nach ihrem Wirken), sondern auch nach innen (nach ihrem Wesen). Didymus schreibt: "Wir lassen uns nicht in die Irre führen von denen, die sagen, der Heilige Geist sei das Wirken, jedoch nicht die Wirklichkeit Gottes" (Nr. 97). Und: "Wie das von Paulus zum Vater hinzugefügte Wort 'Gott' und das zum Sohn hinzugefügte Wort 'Herr' weder dem Vater die Herrschaft noch dem Sohn die Gottheit wegnimmt, da aus demselben Grund der Vater 'Herr' und der Sohn 'Gott' ist, so wird auch der Heilige Geist 'Herr' genannt. Wenn er aber 'Herr' genannt wird, dann folgerichtig auch 'Gott'" (Nr. 131).

Das ist eine bestechend schlichte Erklärung der Gottheit des Gottesgeistes, der nicht nur eine abstrakte Gotteskraft, sondern der personale Gott selbst ist. Wenn wir uns an Pfingsten dem Wirken dieses Gottesgeistes öffnen und ihn um die Erneuerung unserer Tauf- und Firmgnaden bitten, dann kann er uns zu Menschen mit brennenden Herzen, wachen Sinnen, liebendem Gemüt und helfenden Händen machen.

Text aus www.katholisch.de

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